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Rohstoffe für den Ausbau erneuerbarer Energie

Zusammenfassung


2022 war ein stürmisches Jahr, Rohstoffe erlebten einen Höhenflug, die aggressive Geldpolitik der Zentralbanken hat das Ziel, die Inflation zu dämpfen und die Unsicherheit am Markt brachte viele Anleger ins Schwitzen.


Unterinvestitionen in den Rohstoffabbau könnte die Rohstoffnachfrage in den kommenden Jahren stark erhöhen.


Windkraftanlagen und Sonnenkollektoren sowie Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher, sie alle erfordern ein breites Spektrum an Mineralien und Metallen.


Die Anwendungsfelder sind sehr unterschiedlich, doch Kupfer, Nickel und Aluminium sind die wichtigsten Rohstoffe, wenn es um das Thema der erneuerbaren Energie geht.


In Asien und Lateinamerika wird sich der Anteil an Nickel, Silber, Kupfer und Lithium noch als großer Vorteil erweisen, während Ländern wie Iran, Irak, Saudi-Arabien und auch Russland entweder gleich bleibende oder leicht sinkende Einnahmen vorhergesagt werden.



Das Thema der Globalisierung


Wir haben gesehen, was passieren kann, wenn viele Nationen von einigen wenigen Nationen abhängig sind. Europa importierte in den vergangenen Jahren ungefähr 40 % seines Erdgases aus Russland. Was eine so hohe Abhängigkeit für Folgen haben kann, haben wir im Jahr 2022 erlebt. Europa ist allerdings nicht nur von Erdgas abhängig, sondern auch von den meisten gängigen Rohstoffen. In der nachfolgenden Grafik sehen wir, dass keine Nation unabhängig ist und alle in irgendeiner Form voneinander abhängig sind. So importierte jede Region mindestens 25 Prozent von zumindest einer wichtigen Ressource, eines Produktes oder Sevices.


Verhältnis Importe zu Exporte, mckinsey.com


Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile der globalen Vernetzung zu nutzen und gleichzeitig die Risiken und Nachteile der Abhängigkeit zu bewältigen – insbesondere dort, wo Produkte an ihren Herkunftsorten konzentriert sind.


Wir werden noch sehen, dass Rohstoffe einen sehr wichtigen Punkt im Bereich der erneuerbaren Energie spielen, was Europa weiter abhängig von Lateinamerika (Lithium, Kupfer, Nickel), Afrika (Kobalt, Chrom) und Asien (Aluminium, seltene Erden) macht. Australien hingegen könnte eine neue Blütezeit bevorstehen.


Rohstoffe


Der böse Rohstoffsektor, unbeliebt bei vielen Aktionären, Umweltschützer würden ihn gerne tot sehen und dennoch ist er unglaublich wichtig für unsere Industrie und vor allem für den Bereich der erneuerbaren Energie.


Windkraftanlagen und Sonnenkollektoren sowie Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher, sie alle erfordern ein breites Spektrum an Mineralien und Metallen. Die Anwendungsfelder sind sehr unterschiedlich, doch Kupfer, Nickel und Aluminium sind die wichtigsten Rohstoffe, wenn es um das Thema der erneuerbaren Energie geht.

Einsatz der einzelnen Rohstoffe, iea.org


Die Nachfrage nach Bauxit (Rohstoff für die Herstellung von Aluminium), Nickel, Kobalt, Lithium und REE (Rare Earth Elements – seltene Erden) sowie Kupfer und Uran wird sich in den nächsten Jahren deutlich erhöhen.

Änderung der Nachfrage, eigene Darstellung, mckinsey.com


So werden z. B. für ein Offshore Windrad pro MW Leistung 8.000 kg an Kupfer benötigt. In Summe werden pro MW Leistung über 15,5 Tonnen an Rohstoffen benötigt. Eine durchschnittliche Offshore Windturbine hat eine Leistung von ungefähr 5 MW, wodurch sich ein Rohstoffbedarf von 77 Tonnen pro Windrad ergibt, so die iea. Stahl, Aluminium oder Beton für das Fundament sind bei dieser Berechnung noch nicht inkludiert! Das Gewicht einer Anlage kann 1.000 Tonnen schnell übersteigen und steht dabei auf bis zu 900 Tonnen schweren Fundamenten.


Da haben wir das nächste Problem, denn die Betonfundamente bestehen aus Sand, Kies und Zement und diese Menge muss ebenfalls erst mal abgebaut und verarbeitet werden.

Rohstoffe für die Energiegewinnung, iea.org


Wie viele Rohstoffe benötigen wir?


Es gibt zwei Szenarien:


1. Stated Policies Scenario - SPS

Berücksichtigt bereits verabschiedete politische Maßnahmen, die sich auf die Energiemärkte auswirken sowie relevante Vorschläge, die erst ausgearbeitet oder umgesetzt werden müssen.


2. Sustainable Development Scenario - SDS

Das zweite Szenario zielt darauf ab, die mit dem Pariser Klimaabkommen gesetzten Ziele zu erreichen und setzt zugleich einen starken Fokus auf die Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit von Energie für eine wachsende Bevölkerung.


Die globale Umstellung auf saubere Energie wird in den nächsten 20 Jahren die Nachfrage nach Mineralien stark erhöhen. Bis 2040 soll sich die Gesamtmineralnachfrage aus sauberen Energietechnologien verdoppeln oder vervierfacht, je nach Scenario (SPS oder SDS).

Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher machen etwa die Hälfte des Wachstums der Mineralnachfrage aus sauberen Energietechnologien aus und soll bis 2040 um das Zehnfache (SPS) oder um das über 30-Fache (SDS) wachsen. Dominiert wird die Nachfrage im Jahr 2040 von Graphit, Kupfer und Nickel. Lithium verzeichnet die schnellste Wachstumsrate, wobei die Nachfrage um das 10-, bis 40-Fache wachsen könnte.


Laut dem SPS werden wir bis 2040 allein für den Ausbau der erneuerbaren Energie – konventionelle Bereiche sind hier ebenfalls nicht berücksichtig, zwischen 15 und 27 Millionen Tonnen an Mineralien benötigen. Das wäre der doppelte oder sogar fast 4-fache aktuelle Rohstoffbedarf und diese Mineralien müssen erst mal abgebaut werden.


Rohstoffbedarf nach Anwendung, iea.org


Davon entfallen auf PV-Anlagen:

Rohstoffbedarf für PV-Analgen, iea.org


Auf Windkraftanlagen:

Rohstoffbedarf für Windkraftanlagen, iea.org


Auf den Ausbau der Stromnetze:


Nachfrage nach Aluminium und Kupfer für den Ausbau der Stromnetze, iea.org


Auf Elektrofahrzeuge:


Rohstoffbedarf für Elektrofahrzeuge, iea.org


Und auf Batteriespeicher, folgende Werte:


Rohstoffbedarf für Batteriespeicher, iea.org



Das Problem der zu geringen Investitionen


Die jährlichen E&P-Investitionen für Kupfer sind seit 2014 um die Hälfte auf 14 Mrd. USD gesunken. Wenn die Preise steigen, steigen auch die Gewinne. Doch das Geld wird lieber als Dividende ausgeschüttet und nicht reinvestiert. Die Capex-Dürre ist das Ergebnis von drei Hauptfaktoren:


1. begrenzte Kapazitäten

Auch wenn die CAPEX in der Öl & Gas Industrie ca. 5 Mal so hoch sind wie im Bergbau, schaffen es selbst große Bergbauunternehmen oft nur ein Projekt zu finanzieren.


2. sinkenden Anlagerenditen

Die Qualität der Mineralvorkommen verschlechtert sich zunehmend, so fiel in Chile der durchschnittliche Kupfergehalt in den letzten 15 Jahren um 30 % auf 0,7 %. Der geringe Kupfergehalt treibt die Extraktionskosten sowie die CO2-Emissionen in die Höhe.


„Heute verbrauchen wir 16-mal mehr Energie, um dasselbe Pfund Kupfer herzustellen als vor 100 Jahren“. - so Anglo American CEO Mark Cutifani.


3. steigende politische Risiken

Der Bergbau wird von immer mehr Vorschriften und politischen Entscheidungen eingeengt. Rohstoffabbau wird als umweltschädlich betrachtet und Bergbauunternehmen zahlen lieber eine Dividende aus, da Investitionen in neue Projekte bei so starkem Gegenwind nur schwer rentabel werden.


Die daraus resultierenden Windkrafträder, Solarpaneele oder Batteriespeicher werden hingegen als die „grüne Zukunft“ gefeiert. – doch ohne Rohstoffabbau wird das nur schwer gelingen.


In der nachfolgenden Abbildung sind die Investitionen der Öl- und Gasbranche sowie des Kupferbereiches dargestellt. Ob der Bedarf nach den nötigen Mineralien mit so geringen Investitionen gedeckt werden kann, ist allerdings fraglich.


Inflationsbereinigt nach 2002 USD, goldmansachs.com


Metalle wie Kobalt, Kupfer und Lithium sind für Technologien von Elektroautos bis hin zur Gewinnung erneuerbarer Energie unverzichtbar und könnten Ländern wie Chile, Peru und der Demokratischen Republik (DR) Kongo künftig Einnahmen in Billionenhöhe bescheren.


Der angestrebte Übergang weg von fossiler und hin zu erneuerbarer Energie wird weniger von einer Energiewende, sondern mehr von einer Rohstoffwende geprägt sein. Denn der Anteil an Wind- und Solarenergie an der Stromerzeugung wird laut Schätzungen der Internationalen Energie Agentur (IEA) bis 2050 auf rund 70 Prozent steigen, von 9 % in 2020 – und damit erhöht sich auch die Nachfrage nach Metallen wie Aluminium, Kobalt, Kupfer, Lithium, Nickel, Silber und Zink.


Bis 2040 könnten jährlich mehr als 1,2 Billionen USD durch den globalen Export der Metalle eingenommen werden, wodurch bisher ärmere Länder das Potenzial haben, durch ihren Reichtum an Metallen zu neuen Rohstoffmächten zu werden.


Problem ist wie immer die Zeit und das Geld. Der Bau großer Minen dauert im Durchschnitt 16 Jahre, so die iea. Um die boomende Nachfrage bis 2040 zu decken, müssten also schnell neue Projekte starten. Julian Kettle von Wood Mackenzie schätzt das Investitionsvolumen für den Abbau der nötigen Metalle bis 2040 auf 2 Billionen USD. Jüngste Projekte deuten darauf hin, dass allein die Ausgrabung von genügend Kupfer und Nickel 250 bis 350 Mrd. USD an Investitionsausgaben erfordern würde, und zwar noch vor 2030.



Mögliche Ressourcen und Reserven der jeweiligen Länder


Unterscheiden wir zuerst zwischen Ressourcen und Reserven.


Ressourcen, sind die verfügbaren Konzentrationen von Material von wirtschaftlichem Interesse auf der Erdkruste. Reserven sind jener Teil der Ressourcen, der auch wirtschaftlich abgebaut werden kann. Reserven haben die Tendenz, dass sie über die Jahre und mit technologischem Fortschritt steigen können.


So wurden 1970 die Kupferressourcen auf 1,6 Billionen Tonnen geschätzt, die Reserven aber nur auf 280 Mio. Tonnen. Seitdem wurden bereits 600 Mio. Tonnen an Kupfer abgebaut und die Reserven werden aktuell auf ca. 880 Mio. Tonnen geschätzt.


Australien verfügt über die wichtigsten sieben Metalle (Aluminium, Kobalt, Kupfer, Lithium, Nickel, Silber und Zink) und auch Chile würde von solchen Bedingungen profitieren, da es über ca. 42 % der weltweiten Lithiumreserven und ein Viertel der Kupfervorkommen verfügt. Aber auch China wird von Aluminium-, Kupfer- und Lithiumreserven sowie Zink und seltenen Erden (REE) profitieren. Geografisch sind die Vorkommen von Energiemineralien viel stärker konzentriert als jene von Öl oder Gas. Für Aluminium, Chrom, Cobalt, Kupfer, Lithium, Nickel, REE, Silber, Silizium und Zink befinden sich im Durchschnitt 74,9 % der Reserven (abbaubarer Anteil) in nur vier unterschiedlichen Ländern.

Reservenverteilung, eigene Darstellung, usgs.gov


Die Länder mit den meisten Reserven sind aber nicht immer die Länder, die auch am meisten abbauen. In der nachfolgenden Grafik sehen wir, dass China am meisten Aluminium, seltene Erden, Silizium und Zink abbaut. Die Dominikanische Republik Kongo – DRC hat mit Abstand die meisten Kobalt Ressourcen und baut auch am meisten davon ab, nämlich 71 %. Australien verfügt zwar nicht über das meiste Lithium, baut aber aktuell 55 % des Bedarfs ab. In Chile werden immerhin 26 % des gesamten Lithiums abgebaut.

Extraktionsverteilung, eigene Darstellung, usgs.gov


Die Extraktion ist zumindest halbwegs verteilt. Wenn wir uns die Verteilung der Weiterverarbeitung ansehen, sticht China extrem heraus und übernimmt bei Kupfer, Nickel, Kobalt, Lithium und REE eindeutig die Führung.


Top drei der produzierenden und verarbeitenden Länder, iea.org


Auch die Handels- und Supply Chains werden sich neu definierten. Während bei der Produktion und Verarbeitung von Öl und Gas nur weniger teilnehmen durften, zeigt sich bei den Mineralien eine Wendung.

Supply Chain von Öl und Gas vs. ausgewählten erneuerbaren Energieformen, iea.org



Wer profitiert davon?


In Asien und Lateinamerika wird sich der Anteil an Nickel, Silber, Kupfer und Lithium noch als großer Vorteil erweisen, während den Mitgliedern der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) wie dem Iran, Irak, Saudi-Arabien und auch Russland entweder gleich bleibende oder leicht sinkende Einnahmen vorhergesagt werden. Obwohl etwa Nordamerika und Kanada Einnahmen aus fossilen Brennstoffen verlieren, können sie diese mit Mineralienvorkommen kompensieren.


Zu den großen Verlierern zählen besonders erdölreiche Länder wie Algerien, Ägypten, Angola, Nigeria, Großbritannien und Norwegen. Und auch die Golfstaaten Bahrain und Katar müssen in Zukunft mit Einbußen rechnen.


Bergbauunternehmen und ihr Portfolio


Mineralien abbauende und verarbeitende Unternehmen spielen dabei eine wichtige Rolle.

Größten Mineralien abbauende Unternehmen, keine Anlageempfehlung, iea.org


Die Aufteilung dieser fünf Unternehmen in der nächsten Abbildung zeigt, wie sehr sich die Produktion zwischen 2014 und 2019 verändert hat. So hat Rio Tinto den Abbau von Kohle beendet und Anglo American sowie Glencore bauen am meisten Mineralien ab (Prozent des jeweiligen Portfolios), die für die Energiewende wichtig sind.


Anglo American will seine Kupferproduktion bis 2030 um 50-60 % steigern. „Wir werden unseren Teil der Abmachung liefern“, so der CEO Mark Cutifani.

Produktionsportfolio von verschiedenen großen Bergbauunternehmen, iea.org


Die hohe Nachfrage nach erneuerbaren Energie könnte in den nächsten Jahren einen Boom in der Rohstoffproduktion auslösen. Die jahrelangen Unterinvestitionen in die Exploration sowie den Ausbau haben zwangsläufig eine Ressourcenknappheit geschaffen. Ähnlich ist es bei Gold, doch hier wurde die Goldproduktion in den vergangenen Jahren sogar durch die Produktion von Rohstoffen für die erneuerbare Energie vernachlässigt.


- VW & PO



Quellen


https://www.spektrum.de/news/fuer-die-energiewende-werden-die-rohstoffe-knapp/2005387

https://www.economist.com/finance-and-economics/2022/03/26/the-transition-to-clean-energy-will-mint-new-commodity-superpowers

https://www.iea.org/data-and-statistics/charts/minerals-used-in-clean-energy-technologies-compared-to-other-power-generation-sources

https://pubs.usgs.gov/periodicals/mcs2022/mcs2022.pdf

https://www.iea.org/reports/the-role-of-critical-minerals-in-clean-energy-transitions/mineral-requirements-for-clean-energy-transitions

https://www.iea.org/data-and-statistics/charts/global-electricity-demand-by-scenario-2010-2030

https://www.researchgate.net/publication/318105870_Estimation_of_CO2-Equivalent_Emission_under_the_Copper_Fire_Refining_Process#:~:text=The%20specific%20value%20of%20carbon,1%20ton%20of%20anode%20copper.

https://www.mckinsey.com/capabilities/sustainability/our-insights/climate-risk-and-decarbonization-what-every-mining-ceo-needs-to-know

https://ourworldindata.org/emissions-by-sector

https://www.nature.com/articles/s41893-022-00994-6?utm_campaign=Carbon%20Brief%20Daily%20Briefing&utm_content=20221202&utm_medium=email&utm_source=Revue%20Daily

https://www.goldmansachs.com/insights/pages/gs-research/2023-commodity-outlook-an-underinvested-supercycle/report.pdf


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